
Ein tierischer Sonntag
Früher, ja früher, wäre an so einem traumhaften Frühlingssonntag die ganze Familie in den Herzogenriedpark gewandert (ist ja gleich um die Ecke). Wir hätten – wie hunderte andere Familien auch – Stunden am Spielplatz verbracht. Uns wäre irgendwann der Kopf geplatzt vom vielstimmigen Kindergeschrei. Irgendwann hätten wir uns in die – gefühlt – kilometerlange Schlange am Eisstand gestellt. Wir hätten diskutiert, wie oft noch Trampolin gehüpft werden darf. Wir hätten fünfmal gedroht alleine nach Hause zu gehen und hätten schließlich auf dem Heimweg noch einen Umweg gemacht weil „Ich will nochmal die Baby-Schweine sehen“ und schlussendlich hätten wir schrecklich müde Kinder („Ich kann nicht mehr laufen“) nach Hause geschleppt. Nachdem die Kinder dann endlich im Bett gewesen wären, hätten wir uns auf den Balkon gesetzt, ein Bier aufgemacht und gesagt „Was für ein schöner Tag“.
Die Kinder sind jetzt Teenager, Spielplatz ist uncool und Baby-Schweine stinken und sind voll lame (Baby-Dinosaurier dagegen wären immer noch interessant). Mit anderen Worten: die Frage „Kommt jemand mit in den Park?“ ist rein rhetorischer Natur. Ich kann einen großen Bogen um den Spielplatz machen, den Eisstand weiträumig umgehen und das Trampolin meiden. Bei den Baby-Schweinen kann ich warten bis sie aufwachen (tun sie nicht). Ich kann mich am Teich gemütlich auf einen Baumstamm setzen und warten bis die Schildkröten sich bewegen (tun sie nicht). Ich kann den Storch beim Nestbau beobachten (tut er) und ich kann lauern, bis endlich mal eine Nilgans im Wasser landet (tut genau eine). Ich kann warten bis die Ziege sich für ein Portrait in Pose wirft (tut sie irgendwann) und ich kann abwarten bis das Baby-„Zackelschaf“ (so heißen die tatsächlich) mal hinter seiner Mutter hervorkommt (tut es). Ich habe alle Zeit der Welt. Schlussendlich schleppe ich mich müde nach Hause („Ich kann nicht mehr laufen“). Wir setzen uns auf den Balkon, machen uns ein Bier auf und sagen „Was für ein schöner Tag“.
